05.07.2023

Großer Zuspruch für Forum

Das Netzwerk aus Ambulanter Kinder- und Jugendhospizdienst Kassel/Nordhessen und Fritzlar Nordhessen, Intensiv Leben e.V., Malteser im Bistum Fulda, Mehrgenerationenhospiz Heilhaus gGmbH und Kleine Riesen Nordhessen gGmbH hatten zum nunmehr 6. Forum für pädiatrische Palliativ- und Hospizversorgung im Regierungsbezirk Kassel eingeladen. Neben Fachkräften aus Pflegeberufen und Ärzt*innen lockte diesmal das Thema „Milan gehört zu uns! Herausforderungen und Chancen von schwerstkranken Kindern in der Kita“ auch Kitafachkräfte an. Insgesamt konnte das Netzwerk rund 40 Interessierte im Museum für Sepulkralkultur begrüßen. „Mit dem Forum wollen wir auf die Bedürfnisse von schwerstkranken Kindern aufmerksam machen. Alle Netzwerkpartner beraten, klären auf, helfen bei Problemen und vermitteln an andere Partner. Schließlich wollen wir aber auch Ängste abbauen, sowohl bei den Familien als auch bei den Fachkräften“, erläutert Dr. Thomas Voelker von den Kleinen Riesen Nordhessen.

Individuelle und bedürfnisorientierte Betreuung in der Kita
Angela Tietz arbeitet seit 1997 in der Kita Kunterbunt e.V. in Kassel und hat 1999 eine heilpädagogische Ausbildung absolviert. Sie möchte den Kindern eine individuelle und bedürfnisorientierte Betreuung anbieten. Das setze allerdings einen höheren Zeitaufwand und auch Fachwissen im Umgang mit kranken Kindern voraus. Die Inklusion sei also auch durch den Fachkräftemangel begrenzt. Aber die Chancen liegen für alle Kinder auf der Hand. „Die Kinder lernen voneinander, wie z. B. die Zwinkersprache von einem betroffenen Kind, das nicht reden aber Gestik und Mimik bewusst einsetzen konnte. So konnten die anderen Kitakinder es verstehen. Für mich persönlich ist es wichtig, Inklusion zu leben. Wenn mehr Personen die Vielfalt leben würden, hätten wir wohl mehr ‚Liebe auf dieser Welt‘“, schildert die Erzieherin ihre Erfahrungen, aber auch ihre Haltung.

Alltag mit fehlender sozialer Interaktion
Kinder mit schweren Erkrankungen und ihre Familien stehen häufig vor Herausforderungen, die über die medizinische Versorgung hinausgehen. Für viele von ihnen ist der Alltag geprägt von Isolation und fehlender sozialer Interaktion. Dieses Schicksal wollte aber Familie Gehring nicht für ihren Sohn. Hannes kam mit fünf Jahren in eine Kita. Er litt an einer spinalen Muskelatrophie. Und natürlich hatte auch die Familie Gehring bedenken: Was passiert bei einer Notfallsituation? Wird es gesundheitliche Nachteile geben? Wir reagieren die anderen Kinder? Doch die Bedenken waren unbegründet. Und so lautet der Appell von Christiane Gehring an uns alle: „Holen Sie uns Eltern mit dem Gedanken ab, dass unsere schwerstkranken Kinder in eine Kita gehen können! Denn erst dann lernen die Kinder auch die Welt außerhalb der Familie kennen mit neuen Gerüchen, neuen Stimmen und schließlich einer neuen Tagesstruktur.“ Aus ihrer Sicht wissen noch zu wenige Eltern mit schwerstkranken Kindern, dass ein Kitabesuch und später auch ein Schulbesuch tatsächlich möglich sind.

Rechtsanspruch auf Bildung und Betreuung in einer Kita
Es gibt einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz. Diesen Rechtsanspruch haben auch schwerstkranke Kinder. Darauf verweist die Leiterin des Amtes für Kindertagesbetreuung in Kassel, Antje Kühn, und ergänzt: „Jedes einzelne Kind hat das Recht darauf, so teilhaben zur dürfen, wie es für das Kind am besten passt. Dafür müssen aber die Kitas auch so ausgestattet sein, dass alle Kinder im Rahmen ihrer Möglichkeiten am pädagogischen Alltag teilnehmen und partizipieren können. Das Kind steht also im Mittelpunkt.“ In der Stadt Kassel wurden zum Stichtag 1.1.2023 im Bereich der Krippen und Kindergärten insgesamt 7.829 Kinder betreut. Davon waren für 254 Kinder Leistungen der Eingliederungshilfe zur Kita-Integration bewilligt worden, wobei davon nur die wenigsten Kinder als schwerstkrank zählen. In den städtischen Kitas werden daher derzeit nur drei Kinder betreut, die keine hohe Lebenserwartung haben. „Um ein schwerstkrankes Kind aufzunehmen, ist nicht nur die räumliche Situation in der Kita herausfordernd, sondern auch die pädagogischen Fachkräfte zu finden, die das Kind betreuen können“, beschreibt Kühn die Situation.

Zum Abschluss des Forums gab es noch Forderungen aus dem Plenum, dass die Politik und die Gesellschaft die notwendigen Ressourcen bereitstellen sollten, um inklusive Betreuungsangebote flächendeckend umzusetzen und damit eine gerechtere und inklusivere Gesellschaft zu schaffen. Im Nachgang stellen die Netzwerkpartner einen Abschlussbericht zusammen und schicken diesen an das Hessische Ministerium für Soziales und Integration, das dieses Forum unterstützt. Besonders haben sich die Netzwerkpartner gefreut, dass Regierungspräsident Mark Weinmeister, der auch gleichzeitig Schirmherr der Kleinen Riesen ist, zu Gast in Plenum war. 

© 2022 Kleine Riesen Nordhessen gGmbH